Ausbildung nach Maß.

Berufsbildungswerk Rummelsberg

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24.03.2021

Autisten starten durch

Im Berufsbildungswerk Rummelsberg absolvieren Autisten eine staatlich anerkannte Ausbildung und erhalten Unterstützung bei der persönlichen Entwicklung.

Rummelsberg – Am 2. April ist Weltautismustag. Viele Menschen im Autismus-Spektrum aus ganz Bayern schaffen sich im Berufsbildungswerk (BBW) Rummmelsberg eine berufliche Perspektive. Sie absolvieren in der Einrichtung der Rummelsberger Diakonie eine staatlich anerkannte Berufsausbildung oder bereiten sich in einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme (BVB) auf eine Lehre vor. Die Unterstützung der Autisten ist ganz individuell und folgt dem Motto: „Kennst Du einen Autisten, kennst Du einen Autisten.“

Dani Kirmis wohnhaft in Engelthal ist eine von 20 Menschen im Autismus-Spektrum, die im BBW lernen und arbeiten. Die 19-Jährige weiß noch nicht genau, was sie werden will. Deshalb probiert sie sich gerade im vorberuflichen Bildungsbereich aus. „Ich war schon im IT-Bereich und bei den Mediengestaltern“, erzählt die junge Frau. Das war nicht so 100 Prozent ihr Ding. „Ich will etwas Kreatives machen, aber nicht den ganzen Tag am Computer sitzen.“ Aktuell erprobt sie die Ausbildung zur technischen Produktdesignerin. „Wir arbeiten mit Grafikprogrammen und erstellen dreidimensionale Datenmodelle“, nennt Dani Kirmis ein Beispiel.

Knapp 300 junge Menschen im Alter zwischen 15 und circa 25 Jahren besuchen aktuell die Einrichtung der Rummelsberger Diakonie. Die Ausbildungen werden zum Beispiel im kaufmännischen Bereich, in der IT, Elektrotechnik sowie Hauswirtschaft und Ernährung angeboten. Wer will, kann im Internat wohnen. Aber das ist kein Muss. Dani Kirmis fährt jeden Tag in der Regel eine Stunde mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nach Rummelsberg. Sie kommt gerne ins BBW, weil die Mitarbeiter*innen sich nicht nur um ihre berufliche Entwicklung kümmern. „Wir fördern die Teilnehmer*innen auch in ihrer Persönlichkeit“, sagt Silke Gorda, Fachdienstmitarbeiterin im BBW. Einmal in der Woche hat die Sozialpädagogin Zeit, intensiv mit Dani Kirmis pädagogisch zu arbeiten. „Ich habe Vorlieben, die mir sehr wichtig sind“, sagt die 19-Jährige.  Eine Vorliebe war das Stromsparen. Die junge Frau hat ein Umweltbewusstsein und wollte auf eigene Faust Stromsparmaßnahmen im BBW durchsetzen. „Da bin ich zu weit gegangen“, sagt Dani Kirmis.

Zu dieser Einsicht hat ihr auch die pädagogische Arbeit mit Silke Gorda verholfen. „Bei unseren Treffen widmen wir uns einem aktuellen Thema und arbeiten daran“, sagt die Sozialpädagogin. Im Falle des Stromspar- „Ticks“ haben die beiden gemeinsam erarbeitet, dass es Regeln und Situationen gibt, die anerkannt werden müssen. Dani Kirmis will weiter Stromsparen, hält sich aber an die Regeln. 

Das BBW unterstützt die Teilnehmer*innen auch mit pädagogischer Gruppenarbeit und einem Sozialkompetenztraining. Menschen im Autismus-Spektrum lernen im BBW in kleinen Gruppen. Außerdem wurden verschiedene Rückzugsmöglichkeiten geschaffen.

Vor zwölf Jahren hat das BBW Rummelsberg angefangen, eine individuelle Förderung für Menschen mit Autismus anzubieten. Vor zwei Jahren wurde das Autismus-Kompetenz-Team gegründet. In den Teamsitzungen geben die Kolleg*innen aus den verschiedenen Bereichen des BBW ihre Erfahrungen mit Menschen im Autismus-Spektrum weiter. „Sobald die Corona-Pandemie es zulässt, werden wir dieses Wissen auch in Schulungen vermitteln“, kündigt Iris Thieme, Leiterin des Autismus-Kompetenz-Teams im BBW an.

Das BBW bietet sogenannte REHA-Ausbildungen an. Die Ausbildung der jungen Menschen wird in der Regel von der zuständigen Agentur für Arbeit oder einer zuständigen Stelle der beruflichen Rehabilitation finanziert. „Voraussetzung für eine Ausbildung im BBW ist der sogenannte Reha-Status. Eine Diagnose aus dem Autismus-Spektrum ist nicht erforderlich“, weiß Thieme. Insgesamt lernten im BBW rund 50 Menschen, die Verhaltensweisen aus dem Autismus-Spektrum zeigten.

Die Berufsausbildung im Berufsbildungswerk Rummelsberg findet eng vernetzt mit Unternehmen aus der Region statt. Die Azubis absolvieren verschiedene Praktika in kooperierenden Betrieben. So können sich die Azubis und künftige Kolleg*innen kennenlernen. In den ersten sechs Monaten nach Arbeitsbeginn sind die Bildungsbegleiter Ansprechpartner für Unternehmen und ehemalige Azubis. Der Erfolg auf dem Arbeitsmarkt gibt dem Ausbildungsmodell im BBW recht: „Auch in Corona-Zeiten liegt die Vermittlungsquote für das gesamte BBW bei über 60 Prozent. Im IT und im Elektrobereich ist die Quote mit am besten und erreicht im Durchschnitt 80 bis 90 Prozent“, erzählt Bildungsbegleiterin Cornelia Köhler. Das liege immer am Personalbedarf der Wirtschaft.

Dani Kirmis fühlt sich wohl im BBW. Die Mitarbeiter*innen nehmen Rücksicht auf ihre Bedürfnisse und seien auch da, wenn es mal nicht so gut laufe. „Eine gute Ausbildung zu haben, ist wichtig“, betont die 19-Jährige, und da lohne es sich, nicht aufzugeben und an sich zu arbeiten.


Von: Heike Reinhold

Mit einem 3D-Drucker hat Dani Kirmis den „Patrick“ aus der Serie Sponge Bob ausgedruckt. Foto: Laureen Enderlein